Tafel 7 - Der Erbgerichts-Gasthof

Die Erb- oder Lehngerichtsgüter auch Schulzenlehne genannt, bilden eine besondere „vorzüglichere Classe der Bauerngüther“, und sind sehr alten Ursprungs. So wurde das Erbrichteramt bei der Anlage von Dörfern nach deutschem Recht vergeben und in der Regel mit einem besonders großen Bauerngut verbunden. Häufig wurde die Erbrichterstelle an den sogenannten Lokator und seine Nachkommen vergeben, der für die Urbarmachung, Vermessung und Zuteilung von zu erschließendem Land verantwortlich war. Durch den Erhalt der Erbrichterstelle wurde der Lokator für die Verdienste um die Gründung des Dorfes entlohnt. Mit dem Erbrichteramt waren oft auch das Schankrecht und das Braurecht sowie das Branntweinbrennen verbunden, wodurch Gaststätten häufig in unserer Gegend ihren Namen „Erbgericht“ erhielten und noch heute tragen. Dieses Amt konnte der Erbrichter an seine Nachkommen weitergeben, ohne dass der Inhaber der Niedergerichtsbarkeit, dies war häufig der Grundherr, Einfluss auf die Besetzung der Stelle nehmen konnte.

Der heutige Gasthof soll im Jahr 1743 erbaut worden sein. Die Chronik sagt uns aber auch, dass er vorher schon in den Jahren 1632 und 1639 abgebrannt ist. Der erste Gasthof dürfte allerdings schon kurz nach der Gründung von Ruppendorf im 13. oder 14. Jahrhundert errichtet worden sein. 1820 war der Erbrichter Carl Gottlob Holfert, zu dessen Lebzeiten das Grundstück des Erbgerichts aufgeteilt wurde. Es entstanden daraus zwei Bauerngüter, Beerwalder Straße 4 und 13 (Ortslisten Nr. 55 u. 56, Ortslistennummern wurden laufend für die Gebäude im Dorf vergeben, da es zu dieser Zeit weder Straßennamen, noch Hausnummern, gab). 1839 war der genannte Erbrichter Holfert nur noch Besitzer des Erbgerichtsgasthofes, zu dem noch ein kleiner Garten gehörte.

1850 erfolgte ein Anbau an der hinteren Giebelseite, in dessen erster Etage sich der große Saal befindet. Ab etwa 1880 bis Ende der 1960er Jahre befand sich im Gasthof eine Fleischerei mit Eingang von der Beerwalder Straße. Von 1997 bis 2000 erfolgten der Umbau und die Sanierung des Gasthofes.

In der jüngeren Vergangenheit wurde der Gasthof von verschiedenen Familien liebevoll betrieben: Familie Goldbach prägte ihn von 1978 bis 1994, gefolgt von Familie Dietrich (1998-2010) und Familie Huhn (2012-2017). Seit 2020 ist es die Familie Hartmann, die das Erbe fortführt. Heute lädt der Gasthof „Erbgericht“ die Ruppendorfer wieder zum Verweilen ein und der Elferrat feiert hier, traditionsgemäß, seine Faschingsveranstaltungen.

Erbgericht Ruppendorf 2007, Chronik